11.10.2012 / komba gewerkschaft

Feuerwehr-Info 5/2012

Bild: Jens Bredehorn / pixelio.de

Konsequenzen aus der Rechtsprechung des BVerwG zur Entschädigung von Feuerwehrbeamten

Zwischenzeitlich liegen mehrere Urteile des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur Entschädigung von Feuerwehrbeamten aus Hamburg und Berlin wegen Überschreitens der wöchentlichen Höchstarbeitszeit in schriftlicher Form vor. Auf der Basis der jetzt vorliegenden Urteile hat sich der Vorstand des komba Fachbereichs Feuerwehr und Rettungsdienst mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbänden getroffen, um  die möglichen Konsequenzen aus der Rechtsprechung zu erörtern.

Auf der Basis der nun vorliegenden Rechtsprechung konnten folgende Feststellungen getroffen werden:

Der Beamte hat einen unionsrechtlichen und einen beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen den Dienstherrn wegen Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden.

Rüge des Beamten

  • Beide Ansprüche setzen voraus, dass der Beamte den Verstoß gerügt hat. Ein Antrag auf Ausgleich ist für den europäischen Staatshaftungsanspruch nicht notwendig. Dennoch muss der Beamte den Verstoß gegen die europäischen Rechtsvorschriften gerügt haben.
  • Die Rügeobliegenheit gilt auch für den beamtenrechtlichen Ausgleichs-anspruch.
  • An die Rüge sind keine hohen Anforderungen zu stellen, sie ist aber schriftlich zu erheben. Ein einfaches Schreiben, auch zur Niederschrift gegenüber der Verwaltung, reicht aus.
  • Der unionsrechtliche Anspruch auf Ausgleich gilt ab dem 01.01.2001. Ein Anspruch auf Ausgleich kann nach der Rüge unter Beachtung der Verjährungsvorschriften (§195 BGB) rückwirkend bestehen.
  • Der beamtenrechtliche Anspruch auf Ausgleich gilt ab dem ersten Monat nach Rüge für die Zukunft. Kollidieren beide Ansprüche, geht der frühere Zeitpunkt vor.



Umfang und Berechnung des Ausgleichsanspruchs

  • Die über die 48 Stunden hinaus geleistete Arbeitszeit ist in vollem Umfang auszugleichen.
  • Vorrangig ist Freizeitausgleich zu gewähren. Ein finanzieller Ausgleich ist dann vorzunehmen, wenn innerhalb eines Jahres aus dringenden dienstlichen Gründen ein Freizeitausgleich nicht möglich ist.
  • In der Regel wird ein finanzieller Ausgleich zum Tragen kommen, da aus Gründen der Aufrechterhaltung eines geregelten Dienstbetriebes ein Freizeitausgleich nicht möglich war bzw. sein wird, sowie bei Pensionären.
  • Der finanzielle Ausgleich ist in der Regel sofort zu leisten, sofern die Voraussetzungen für einen Freizeitausgleich nicht gegeben waren.
  • Freizeitausgleich und finanzielle Entschädigung sind in vollem Umfang zu leisten. Kein Abzug für Bereitschaftsdienst oder 5 Stunden pauschaler Mehrarbeit.
  • Der finanzielle Ausgleich ist auf der Basis der Sätze der jeweils geltenden Mehrarbeitsvergütungsverordnung zu berechnen.

    Es ist eine pauschale Berechnung des Anspruchs vorzunehmen. Diese ist wie folgt durchzuführen:52 Wochen minus 6 Wochen Urlaub und minus 1 Woche für Wochenfeiertage = 45 Wochen mal 6 Stunden in NRW (48 zu 54 Stunden Regelarbeitszeit) = 270 Stunden pro Jahr mal den jeweiligen Satz der Mehrarbeitsvergütungsverordnung

    Beispiel:
    2002    A 5 bis A 8       11,27 € x 270 = 3042,90 €
                 A 9 bis A 12     15,47 € x 270 = 4176,90 €.

  • Abwesenheiten wegen Krankheit, Sonderurlaub, Abordnungen, Fort-bildungen etc. sind nur dann abzuziehen, wenn sie ununterbrochen mindestens 6 Wochen ausmachen.
  • Sofern das Beamtenverhältnis im Laufe des Jahres begonnen hat, ist eine anteilige Berechnung vorzunehmen.



Verjährung


  • Der unionsrechtliche Anspruch wie auch der beamtenrechtliche Anspruch unterliegen den deutschen Verjährungsvorschriften von drei Jahren.
  • Bei monatsweise entstandenen Ausgleichsansprüchen beginnt die regelmäßige Verjährung mit dem Schluss des jeweiligen Jahres (§ 199 Abs.1 Nr. 1 BGB). Der frühestmögliche Beginn der Verjährung des unionsrechtlichen Anspruchs ist der 31.12.2000, ab diesem Zeitpunkt gerechnet drei Jahre zum jeweiligen Jahresende.
  • Die Verjährung wird allein durch Klageerhebung oder Widerspruch gehemmt.
  • Die komba gewerkschaft strebt an, die Frage der Verjährung vor dem EuGH klären zu lassen.



Örtliche Regelungen

  • Die rechtliche Beurteilung individueller Absprachen vor Ort bleibt unberührt, z. B. die Fälle, in denen der Dienstherr Anträge entgegengenommen hat, ohne darauf zu reagieren.



Auf der Basis der zuvor getroffenenen Feststellungen werden nicht alle Fälle in der Praxis gelöst werden können. Es werden leider noch viele Fragen offen
bleiben. Dennoch sollten vor Ort einvernehmliche Lösungen angestrebt werden, die nicht wieder in eine große Anzahl von Prozessen münden. Von Seiten der komba werden die jetzt in der NRW-Landesgeschäftsstelle in Köln in großer Zahl vorliegenden Verfahren aufgegriffen und bewertet. Sollten Ansprüche bestehen, werden diese gegenüber den jeweiligen Dienstherren geltend gemacht.
 

Insbesondere wird die Frage der Verjährung eine große Rolle spielen. Hierbei wird vor Ort zu prüfen sein, welche Aussagen und Verhaltensweisen seitens der Verwaltungen vorliegen. Nicht auszuschließen ist, dass sich im Einzelfall die Verwaltung nicht auf die Einrede der Verjährung berufen kann, weil dies gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (unzulässige Rechtsausübung) verstoßen könnte. Allgemeine Aussagen dazu lassen sich allerdings nicht treffen.

Ende 2010 wurde seitens der komba ein Mustervordruck für Leistungs-widersprüche herausgegeben. Hierzu laufen noch mehrere Musterverfahren vor den Verwaltungsgerichten in NRW. Darin haben wir beantragt, die Verfahren wegen der Frage der Verjährung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen. Es bleibt nun abzuwarten, wie die Gerichte entscheiden. Bis zum Abschluss der Verfahren sollten keine abschließenden Entscheidungen der Verwaltungen über die noch anhängigen Leistungs-widersprüche erfolgen.

Bei allen Verhandlungen sollte nach Ansicht der komba der Friede in der Dienststelle wieder hergestellt bzw. gewahrt werden. Entscheidend aus Sicht der komba ist, dass die Feuerwehrbeamten einen gerechten Ausgleich für den über die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleiste-ten Dienst erhalten.

Aus der Rechtsprechung wird nun deutlich, dass alle Kolleginnen und Kollegen, die 2001 und/oder 2003 die Musteranträge der komba bei den Verwaltungen nachweislich eingereicht und darauf geachtet haben, dass keine Verjährung eingetreten ist, nunmehr mit einem erheblichen Geldbetrag rechnen können. Hieraus wird deutlich, wie wichtig es ist Mitglied in der komba gewerkschaft zu sein.

Wir werden weiter für die Interessen unserer Kolleginnen und Kollegen in der Feuerwehr und im Rettungsdienst kämpfen. Unterstützen Sie uns und werden Sie Mitglied in einer starken Gewerkschaft.


Köln, 11.10.2012,
V.i.S.d.P.: Eckhard Schwill, Justiziar komba gewerkschaft, Norbertstr. 3, 50670 Köln

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