15.12.2011

Feuerwehr-Info 7/2011

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Freizeitausgleich liegt vor

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Datum vom 29.09.2011 eine erste Entscheidung zum Umfang und zur Berechnung des Freizeitausgleichs von Feuerwehrbeamten getroffen. Die Durchführung des Verfahrens ist als Erfolg der komba gewerkschaft zu werten, da das Gericht den Umfang des Freizeitausgleichs erheblich ausgedehnt hat.  Dabei ging es in dem vorliegenden Verfahren nur um Freizeitausgleich und nicht um eine finanzielle Entschädigung. Nunmehr liegen die Urteilsgründe vor.

Folgende wesentliche Aussagen wurden vom Bundesverwaltungsgericht getroffen:

  • Anspruchsgrundlage für den Ausgleich ist der Grundsatz von Treu und Glauben in Verbindung mit § 78a Abs. 1 Satz 2 LBG (Fassung 1981). Die Zeit, die auszugleichen ist, wird als „Zuvielarbeit“ bezeichnet.  
  • Bei einer geleisteten Wochenarbeitszeit von 54 Stunden beträgt die Zuvielarbeit 6 Stunden wöchentlich und ergibt bei pauschalierter Berücksichtigung von Urlaubszeiten einen Umfang von 24 Stunden Freizeitausgleich pro Monat und 288 Stunden im Jahr.
  • Der Bereitschaftsdienst ist in die Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit in vollem Umfang einzubeziehen und zählt daher als Vollarbeitszeit. Er ist deshalb in demselben Umfang auszugleichen, wie Vollarbeitszeit.
  • Zur Aufrechterhaltung der Dienstbereitschaft im feuerwehrtechnischen Dienst kann der Dienstherr durch geeignete Maßnahmen der Erfüllung des Anspruchs auf Freizeitausgleich Rechnung tragen. Dazu kann der Zeitraum, in dem der Freizeitausgleich gewährt werden muss, nach dienstlichen Bedürfnissen auch über die Jahresfrist des § 78a Abs. 1 Satz 2 LBG hinaus verlängert werden. Auch das Angebot einer finanziellen Abgeltung des Anspruchs auf Freizeitausgleich kommt in Betracht. Eine genaue Berechnungsweise hierfür hat das Bundesverwaltungsgericht allerdings nicht vorgelegt. Das bleibt einer weiteren Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Anfang 2012 vorbehalten.
  • Ein pauschaler Abzug von 5 Stunden monatlich für ausgleichslose Mehrarbeit, die normalerweise von einem Beamten im Monat zu leisten ist, gilt hier nicht, da die verbindliche Höchstgrenze der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden bereits erreicht ist und diese durch Mehrarbeitsstunden grundsätzlich nicht überschritten werden darf.
  • Der Anspruch auf zeitlichen Ausgleich für Zuvielarbeit muss von jedem  Beamten gegenüber seinem Dienstherrn ausdrücklich (d. h. in der Regel schriftlich) geltend gemacht worden sein.  
  • Dabei kommt ein Ausgleich nur für Zuvielarbeit in Betracht, die der Beamte nach Antragstellung leisten muss. Ein Ausgleich der vorher erbrachten Zuvielarbeit ist unabhängig davon, ob der Anspruch verjährt ist oder nicht, nicht angemessen und würde nach Auffassung des Gerichts dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen.


Diese Antragstellung ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Verfahren Fuß vom 25.11.2010) vereinbar. Dort hatte der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass der Anspruch eines Beamten auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Verletzung des Unionsrechts durch Behörden entstanden ist, nicht davon abhängig gemacht werden darf, dass zuvor ein Antrag auf Einhaltung dieser unionsrechtlichen Bestimmungen bei seinem Dienstherrn gestellt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht ist nun der Auffassung, dass durch das Erfordernis eines Antrags auf Gewährung von zeitlichem Ausgleich für zuviel geleistete Arbeit keine übermäßige Erschwerung der Durchsetzung von Unionsrecht zu sehen ist. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Antrag auf Freizeitausgleich vielmehr erforderlich, um eine Prüfung mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen und die Dienstpläne entsprechend anzupassen.

Das Bundesverwaltungsgericht musste nicht mehr entscheiden, ob ein unmittelbar aus dem Unionsrecht abgeleiteter Schadensersatzanspruch zusätzlich noch geltend gemacht werden kann, da das Gericht der Auffassung ist, dass mit dem jetzigen Freizeitausgleichsanspruch eine Entschädigung geleistet wird, die dem erlittenen Schaden angemessen ist und dass ein effektiver Schutz der unionsrechtlichen Rechte des Einzelnen gewährleistet wird.

Das Urteil wird erhebliche Auswirkungen für die noch anhängigen Verfahren auf Freizeitausgleich haben. Dabei liegen die unterschiedlichsten Fallkonstellationen vor, die jeweils daraufhin überprüft werden müssen, ob und inweiweit das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im konkreten Fall zum Tragen kommt.

 

Der Vorstand des Fachbereichs Feuerwehr und Rettungsdienst der komba gewerkschaft nrw hat zusammen mit dem Kollegen Eckhard Schwill am 12.12.2011 Gespräche mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände NRW geführt, um die Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu beraten. Daraus sind Hinweise für die weitere Vorgehensweise entwickelt worden, die den komba Feuerwehr-Vertrauensleuten und Personalräten vorliegen.

Aus den Urteilsgründen kann nicht entnommen werden, ob ein Schadensersatzanspruch gegen den Dienstherrn wegen Verletzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie noch geltend gemacht werden kann, sofern kein Antrag auf Freizeitausgleich gestellt worden ist. Diese Frage muss wahrscheinlich in weiteren Verfahren entschieden werden.

Schon jetzt weisen wir darauf hin, dass das Bundesverwaltungsgericht angekündigt hat, im Frühjahr 2012 über den Umfang der finanziellen Vergütung des Freizeitausgleichs sowie über die Entschädigung von Pensionären zu entscheiden.

Leider sind durch das jetzt vorliegende Urteil nicht alle Fragen geklärt worden, die in der Praxis entstanden sind. Über die vom Gericht noch nicht entschiedenen Fallvarianten werden wir in einem späteren Feuerwehr-Info berichten.


Köln, den 15.12.2011
V.i.S.d.P.: Eckhard Schwill, Justitiar der komba gewerkschaft, Norbertstr. 3, 50670 Köln

 

Feuerwehr-Info 7/2011 als pdf-Dokument zum Download.

 

Urteil BVerwG vom 29.09.2011 zum Freizeitausgleich Feuerwehrbeamter als pdf-Dokument zum Download.

 

Foto: Archiv komba gewerkschaft

 

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