03.08.2015 / komba gewerkschaft

Familienbewusste Personalpolitik

Unsere Interview-Serie zur komba Broschüre „Demografieorientierte Personalentwicklung“ schließen wir mit Mareike Klostermann, stellvertretende Bundesvorsitzende der komba gewerkschaft, ab und werfen dabei einen Blick auf das Thema „familienbewusste Personalpolitik“.

Das gestiegene Bildungsniveau der Frauen, der Umbruch auf dem Arbeitsmarkt, sinkende beziehungsweise stagnierende Realeinkommen und vor allem ein modernes Rollenverständnis von Frauen und Männern sowie der Status von Familien in der Gesellschaft treffen auf Rahmenbedingungen, die nicht mehr zeitgemäß sind und den Bedürfnissen der Menschen nicht mehr gerecht werden. Unter Arbeitgebern setzt sich somit verstärkt die Erkenntnis durch, dass Familienorientierung und lebensphasenorientierte Personalentwicklung mit individuellen Lösungen statt starrer Konzepte ein immer wichtigerer Wettbewerbsfaktor wird. Allerdings hat dabei die Wirtschaft deutlich die Nase vorn und der öffentliche Dienst tut sich schwer, nachzuziehen.
Zudem ist leider festzustellen, dass, wenn es Angebote gibt, die familienbewusste Personalpolitik in erster Linie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit betreuungsbedürftigen Kindern in den Blick nimmt. Dass immer mehr Beschäftigte mit der Pflege von (älteren) Angehörigen konfrontiert sind und sein werden, wird bisher noch zu wenig berücksichtigt. Auch hier muss ein Umdenken stattfinden.


komba magazin:Welche Möglichkeiten sehen Sie, um dem drohenden Personalmangel entgegenzuwirken?

Mareike Klostermann:Die meisten Arbeitgeber kennen zwar die Probleme, welche ?auf Sie zukommen, aber die wenigsten setzen schon jetzt entsprechende Maßnahmen ein, um so effektiv dem Personalmangel entgegenwirken zu können. Dabei steht der öffentliche Dienst beim Thema Nachwuchsgewinnung in starker Konkurrenz mit der Wirtschaft. Die Arbeitgeber sollten verstärkt daran interessiert sein, das Image des öffentlichen Dienstes als guter und konstanter Arbeitgeber wieder mehr in den Vordergrund zu rücken – für eine vorausschauende und langfristige Personalzufriedenheit und damit -bindung. Durch attraktive Arbeitsplätze, flexible Teilzeitangebote und familienbewusste Personalpolitik könnte der öffentliche Dienst deutlich mehr gut ausgebildete weibliche Arbeitskräfte für sich gewinnen und ebenso langfristig halten.

komba magazin: Aber sind das nicht Angebote, für die der öffentliche Dienst bekannt ist oder zumindest sein sollte?

Mareike Klostermann: Ja, das stimmt. Jedoch hat das Image des öffentlichen Dienstes diesbezüglich gerade in den letzten Jahren gelitten. Die Wirtschaft hat stark nachgezogen und in einigen Punkten den öffentlichen Dienst in Sachen Innovation, Modernität und Flexibilität deutlich überrundet. Hingegen werden beispielsweise flexible Arbeitszeitmodelle, Telearbeit, mobile Arbeitsplätze nur in den wenigsten kommunalen Einrichtungen angeboten, wenngleich deren Notwendigkeit gerade aufgrund des Wandels beim Arbeitsmarkt hinsichtlich eines besseren oder höheren Familienbewusstseins bekannt ist. Weitere Beispiele für eine moderne Personalpolitik wären auch: Betreuungsangebote wie Notfallbetreuung, Kinderzimmer oder eine betrieblich unterstützte Kinderbetreuung bis hin zu Betriebskindergärten in den Einrichtungen, um den Beschäftigten eine flexiblere Planung und Gestaltung ihrer Lebensphase als Eltern zu ermöglichen. Damit würde der Arbeitgeber dazu beitragen, dass Beschäftigte früher aus der Elternzeit zurückkommen und sich schneller wieder in ihren Beruf eingliedern können sowie damit zügiger wieder vollständig einsatzfähig wären. Solche Angebote erzeugen Motivation und Zufriedenheit – letztendlich beiderseits. Wie ich finde eine klassische Win-win-Situation.
Gleichzeitig würde der öffentliche Dienst so den gesetzlichen Anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz unterstützen.


komba magazin: Aber reicht das Angebot von Kinderbetreuung und Unterstützung bei einer schnelleren Rückkehr in den Beruf denn aus, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein und zu bleiben?

Mareike Klostermann: Nein. Die Kinderbetreuung ist nur ein Aspekt, um im Ringen um die besten Köpfe ganz vorn dabei zu sein. Dem Grunde nach geht es um eine umfassende lebensphasenorientierte Personalpolitik. Diese beginnt beim Berufseinstieg, geht über die Familienplanung und die Zeit als Eltern hinaus bis zu dem Zeitpunkt, in dem Familienangehörige gepflegt werden müssen. Und dann folgt schließlich noch der Übergang in den Ruhestand. Für alle Bereiche können Angebote wie Ausbildung in Teilzeit, Betreuungskonten, altersgemischte Teams geschaffen werden. Dazu gehört es auch, dass während der Eltern-, Pflege- und Betreuungszeiten Kontakt mit den Beschäftigten gehalten werden und ihnen Fortbildungen ermöglicht werden sollten, um den Anschluss nicht zu verlieren sowie um Aufstiegsmöglichkeiten nicht zu hemmen.
Oder: Führen in Teilzeit oder in Verbindung mit Telearbeit ist kein Mythos mehr. Ein solches Arbeitsmodell funktioniert, wenn beide Seiten ein Interesse daran und einen Nutzen davon haben. Ich hoffe daher, dass die Arbeitgeber in den Behörden die Chancen einer lebensphasenorientierten Personalpolitik, wie sie zum Beispiel auch die komba gewerkschaft in ihrem Positionspapier vorstellt, ergreifen, um den öffentlichen Dienst auf zukunftsfähige Beine zu stellen. Klar, das erfordert auch ein hohes Maß an Vielfaltsmanagement in den Einrichtungen – leider sind die meisten noch nicht so weit wie die Wirtschaft.
Wir als komba gewerkschaft wünschen uns eine deutlich höhere Bereitschaft zu individuellen Lösungen und kein weiteres Festhalten an starren Konzepten.


komba magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Viele weitere Empfehlungen zu altersunabhängigen Maßnahmen in der modernen Personalpolitik finden Sie in der Broschüre „Demografieorientierte Personalentwicklung“ der komba gewerkschaft.

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