Einkommensrunde 2020: Kommunal-Verwaltung - Das Fundament des Staates bröckelt
Beschäftigte des öffentlichen Dienstes der Kommunen haben an über 70 Standorten bundesweit für angemessene Bezahlung protestiert. Der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach übte scharfe Kritik an den Arbeitgebern.
„Für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unsere Demokratie ist gute Kommunalpolitik unerlässlich – gerade wenn die Welt gefühlt immer unübersichtlicher wird“, sagte Silberbach bei den Protestaktionen am 17. September 2020, die von der dbb-Mitgliedsgewerkschaft komba organisiert wurden. „Die Beschäftigten der Kommunen haben das erkannt, denn sie sind tagtäglich mit den Sorgen und Nöten der Menschen konfrontiert, besonders in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie. Für ihren Einsatz haben sie ein ordentliches Einkommen verdient. Dass die kommunalen Arbeitgeber hier stur sind, allen voran ihr Präsident, Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge, ist gegenüber den Kolleginnen und Kollegen unfair und gesellschaftspolitisch kurzsichtig.“
Es gehe nicht nur um die heutigen Beschäftigten, erklärte der dbb Bundesvorsitzende weiter: „Ob Kitas, Soziale Arbeit, Infrastruktur-Planung, Bauhöfe, Verkehrsmanagement, Bürger- und Ordnungsämter, Ver- und Entsorgung sowie viele weitere mehr: Es gibt kaum einen Bereich der kommunalen Arbeit, in dem nicht bereits jetzt händeringend Personal gesucht wird. Hier bröckelt das Fundament unseres Staates. Vor diesem Hintergrund ist das Verhalten der Arbeitgeber noch weniger nachvollziehbar. Denn der öffentliche Dienst gerät damit nicht nur bei der Bezahlung gegenüber der Privatwirtschaft noch weiter ins Hintertreffen, sondern es wird auch ein fatales Signal an alle potenziellen Nachwuchs- und Fachkräfte gesendet. Beschäftigte – heutige und zukünftige – müssen endlich die Wertschätzung bekommen, die sie verdienen.“
Die zweite Runde der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen findet am 19. und 20. September in Potsdam statt. Die Gewerkschaften hatten vor Verhandlungsbeginn angeboten, dass die Beschäftigten eine Einmalzahlung erhalten und die Gespräche über die Tabellenentgelte in die Zeit nach der Corona-Pandemie zu verschieben. Insbesondere die kommunalen Arbeitgeber verweigerten das und beharren darauf, die Einkommen in den kommenden Jahren maximal um einen Inflationsausgleich zu erhöhen. Silberbach: „Sollte sich daran auch in der anstehenden Verhandlungsrunde nichts ändern, würden die Beschäftigten damit von den Arbeitgebern mitten in der Corona-Pandemie in einen Warnstreik gezwungen. Diese Blockadehaltung ist absolut unverantwortlich.“
Hintergrund:
Die Gewerkschaften fordern u.a. eine Einkommenserhöhung um 4,8 Prozent, mind. 150 Euro (Laufzeit 12 Monate), Erhöhung der Ausbildungs- und Praktikumsentgelte um 100 Euro, Arbeitszeitangleichung Ost an West, Verbesserungen für den Pflegebereich sowie die Reduzierung der 41-Std.-Woche für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte. Vom TVöD sind etwa 2,5 Millionen Beschäftigte direkt oder indirekt betroffen: Rund 2,3 Millionen Arbeitnehmende des Bundes und der Kommunen sowie weiterer Bereiche, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie rund 225.000 Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll. Weitere Verhandlungsrunden sind für 19./20.9. und 22./23.10.2020 in Potsdam verabredet.